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11.11.2014

Vortrag Dr. Donata Elschenbroich am 07.10.2014 in Laupheim

Die Pädagogin Dr. Donata Elschenbroich hat auf Einladung des Staatlichen Schulamtes Biberach mit Unterstützung der Volksbank Laupheim/Ulm im Schloss Großlaupheim aufgezeigt, wie wichtig physisch nahes Herangehen an die Dinge des täglichen Lebens für die Entwicklung von Kindern ist.   

In den Dingen, den Gegenständen des täglichen Lebens, steckt das Wissen der Welt. Wie schließen Kinder dieses Wissen auf?

Ins Thema des Abends führte eine Filmbeobachtung der Kindheitsforscherin Donata Elschenbroich. Der sieben Monate alte Poldi untersucht minutenlang mit  gespannter Aufmerksamkeit einen Alltagsgegenstand aus dem Leben seiner berufstätigen Mutter. Kein glitzerndes, klapperndes Babyspielzeug ist es, was ihn fasziniert, sondern  ein  gelbes Post-it Blöckchen. Er will hinter die Dinge, unter die Oberfläche schauen! Dieses  Kind heißt es im  Kommentar zu dieser Szene: ein Forscher, ein Weltreisender.

Kinder werden heute in eine reiche Dingwelt geboren. Aber es ist nicht so, dass die Dinge auf sie warten. Sie müssen ihre Bedeutungen selbst aktiv erschließen, von Gegenstand zu Gegenstand. Wäscheklammer, Reißverschluss, Hammer, Kugelschreiber sind dabei oft faszinierender als manches Kinderspielzeug. 

Kulturgeschichtliches Weltwissen von Jahrtausenden eignen sich Kinder bei ihrer Sachforschung in nur wenigen Jahren  an, wie im Zeitraffer. Wie unterstützen wir Erwachsenen sie dabei? In den frühen Jahren ihrer Kinder tun alle Eltern es unwillkürlich, sie zeigen den Weg von der Brust zur Flasche und  zum Becher, zu Messer und Gabel oder den Essstäbchen. Sie demonstrieren, dass es einen Schuh  gibt für den rechten, und einen für den linken Fuß, und dass es einen lebenswichtigen Unterschied macht, ob das Licht an der Straßenkreuzung grün leuchtet oder rot.  Effiziente Bildungsbegleiter sind alle Eltern in den frühen Jahren ihrer Kinder, ohne dass  ihnen das bewusst ist, sagte Donata Elschenbroich. Wie selbstverständlich schließen wir unsere Kinder an den Erfindungsreichtum der Menschheit an – die Naturbeherrschung, das Handwerk, die Technologie. In unserem Alltag stehen wir auf den Schultern von Riesen.

Das Elternhaus kann eine Wunderkammer sein.   „Jedes Gegenstand, wohl beschaut, schließt ein neues Organ in uns auf“, sagt Goethe.  Aufgabe der Pädagogik, der Erzieherin, kann es sein, dieses Lernen von den Dingen des täglichen Lebens so anzuregen, dass es auch daheim nicht abreißt. Donata Elschenbroich stellte ein Projekt vor, das sie mit den baden-württembergischen Bildungshäusern 3-10 entwickelt hat: die „Weltwissenvitrinen“.  Eltern und Pädagog-innen  haben Sammlungen von  Dingen  - Küchengeräte, Werkzeuge, Instrumente, Fundstücke  - , alltägliche oder exotische, zusammengetragen und in Kindergärten und Grundschule ausgestellt. Eltern und Kinder können  die Gegenstände ausleihen und daheim  eine Weile untersuchen und bespielen.  Mit Sequenzen aus ihren Filmen zeigte Donata Elschenbroich, was in Gang kommen kann, wenn ein Ding aus der Vitrine, eine Stimmgabel etwa, oder eine Balkenwaage, ein Stethoskop, zuhause auf dem Familientisch landet: das „gedankenerweckende Beobachten“.

Interessierte Kommunikation in der Familie, darüber sind sich die Bildungsforscher heute einig, ist ein entscheidender Faktor beim Aufbau von Lernhaltungen der Kinder, weit über ihre Schulzeit hinaus. Bei den vom Kindergarten und der Grundschule angeregten Expeditionen zu den Gegenständen des täglichen Lebens, beim gemeinsamen nahen Herangehen an zunächst unscheinbare Dinge wie Wäscheklammer oder Wasserwaage, können auch die Erwachsenen geistige Überraschungen erleben. Man wird den Dingen und den Kindern dafür dankbar sein. „Ich werde nie vergessen, was ich von den Dingen gelernt habe“, sagte der italienische Dichter Pier Paolo Pasolini.    

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